Wahlkampf in den USA - Kongress Washington

Wollen wir amerikanische Wahlkämpfe in Deutschland?

Wollen wir wirklich amerikanische Wahlkämpfe in Deutschland haben? Wollen wir in Europa die politischen Verhältnisse der USA? Ich bin derzeit zu einem Kongress in Washington. Darüber habe ich bei Facebook berichtet und ich habe sofort unglaublich viele Rückmeldungen bekommen, die genau diese Fragen thematisiert haben. Zusammen mit Hauke Wagner habe ich in unserem Podcast deshalb darüber diskutiert.

Das negative Bild von Wahlkämpfen in den USA

Es gibt in Deutschland und Österreich viele negative Vorstellungen über US-Wahlkämpfe. In der Regel wird hier angebracht, dass die politische Kultur in den USA doch völlig kaputt sei. Negativ-Campaigning, Großspender, die Einfluss auf Politik nehmen, die totale Polarisierung der Gesellschaft und geradezu unfassbare Materialschlachten prägen unseren Eindruck, den wir von politischer Öffentlichkeitsarbeit in den Vereinigten Staaten.

Wahlkampfbudgets in den USA und Deutschland

In der Tat ist es so, dass wenn ich hier amerikanischen Campaignern und Politikberatern davon erzähle, welche Budgets wir in Europa zur Verfügung haben und mit welchen Regulierungen und Restriktionen wir zu kämpfen haben, ich vor allem mitleidige Blicke bekommen habe. Die Umstände sind hier halt völlig andere. Auch Kandidaten für vermeintlich kleinere Ämter verfügen hier über Budgets, von denen in Deutschland jeder Bundestagsabgeordnete nur träumen kann. Kandidaten für den US-Senat oder für das Repräsentantenhaus haben sogar oft vielen Millionen Dollar zur Verfügung. Diese Budgets kommen ausschließlich über Spendengelder zustande. In den USA es ist ganz normal, für die Politik zu spenden. Ja, Unternehmen machen das, Großspender machen das. Es spenden aber auch viele ganz normale Menschen. Die meisten Spenden sind eher kleinere Beträge – da summiert sich dann halt die Masse. Ist das jetzt negativ? Ist es nicht sogar eigentlich etwas Gutes, wenn Menschen sich so sehr zur Politik und zu Politikern bekennen, dass sie dafür ihr Geld spenden?

Was wir uns von der Politik in den USA abschauen sollten

Wir sind immer schnell dabei, andere politische Systeme und Kulturen zu verurteilen. Klar, auch mir gefällt vieles von dem, was hier in den USA völlig normal ist, überhaupt nicht. Das ändert aber ja nichts an der Tatsache, dass man nicht schauen sollte, welche guten Aspekte man übernehmen kann. Amerikanische Politiker schaffen es, unfassbar viele Freiwillige zu motivieren, in den Kampagnen mitzuarbeiten. Bislang ist dies in Deutschland undenkbar. Ich fände das großartig! Ich kann nichts Negatives daran erkennen, wenn Menschen von Politik mitgenommen werden. Dieses ist beispielsweise Aufgabe der vielen Analysten hier in den USA. Amerikanische Politiker schauen sehr stark darauf, was ihre Wähler denken und wollen. Man kann sich jetzt streiten, wie stark man von seiner eigenen Meinung abweichen sollte, wenn die eigenen Wähler plötzlich anders denken. Aber es ist zunächst einmal nichts Negatives, wenn Politiker nicht nur auf sich selbst achten, sondern auch auf die Gedanken der Bürgerinnen und Bürger.

Wollen wir also amerikanischer Wahlkämpfe in Deutschland? Nein, sicherlich nicht. Wir wollen deutsche Wahlkämpfe in Deutschland. Aber diese deutschen Wahlkämpfe könnten sich von amerikanischen Wahlkämpfen einiges abschauen. Umgekehrt ist das sicherlich auch der Fall. Aber das ist dann das Problem der Amerikaner.

Leif Neugebohrn

Leif Neugebohrn

Gründer und Geschäftsführer von Magnecon. Kommunikationsberater, Speaker, Blogger. Spezialist für Markenentwicklung, Storytelling und Content-Marketing.
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