Rhetorik

Rhetorik ist die Kunst der Rede und in der Politik ein unverzichtbares Werkzeug. Wer politisch aktiv sein möchte, muss gut reden können. Hier erfährst Du wichtige Grundlagen und bekommst Tipps und Tricks rund um das Thema.

Rhetorik: Definition

Um es erfreulich kurz für Dich zu machen: Rhetorik ist die Lehre von der Kunst des Redens. Punkt. Damit ist zwar eigentlich alles gesagt, aber leider noch nichts erklärt. Also müssen wir doch etwas weiter ausholen, um den aus dem altgriechischen Wort “rhētorikḗ” abgeleiteten Begriff der Rhetorik möglichst eng einzugrenzen. Bestimmt hast Du schon einmal einen Vortrag oder eine Rede gehört und dabei gedacht Hey, der kann aber gut reden, irgendwie bringt er die Dinge genau auf den Punkt. In diesem Fall hast Du einem guten Rhetoriker zugehört.

Ein guter Rhetoriker besitzt die Fähigkeit, andere Menschen allein durch die Kraft des gesprochenen Wortes zu fesseln und von bestimmten Ideen oder Inhalten zu überzeugen. Das kann sowohl bei einem Vortrag oder einer Rede sein (monologisch, also nur eine Person redet), oder im Rahmen einer Diskussion, einer Unterhaltung oder eines Streitgesprächs (dialogisch, also mehrere Personen reden).

Rhetorik ist sowohl Wissenschaft als auch Kunstform. Der wissenschaftliche Aspekt konzentriert sich auf die eher technische Seite einer guten Rede, also auf die verwendeten Stilmittel und Methoden. In künstlerischer Hinsicht ist das Schreiben einer guten Rede ein kreativer Prozess und ähnelt dem Komponieren eines Musikstücks. Während der Präsentation oder Darbietung kommt es vor allem auf das rhetorische Talent des Redners an – je mehr Charisma und Überzeugungskraft er in seine (sorgfältig gewählten) Worte legt, desto stärker ist die Wirkung des Vortrags.

Woher kommt die Rhetorik?

Der griechische Philosoph und Naturforscher Aristoteles (384 bis 322 v. Chr.) hat mit seinem Werk Rhetorik eine erste systematische Darstellung der Rhetorik verfasst. Doch bereits vor Aristoteles gab es Rhetoriklehrer und entsprechende Handbücher zum Thema. Viele begabte Rhetoriker stammten aus den Reihen der sogenannten Sophisten. Dabei handelte es sich um eine Gruppe von Männern mit sehr guten theoretischen Kenntnissen in Mathematik und Geometrie sowie praktischen Fähigkeiten in den Bereichen Dichtung, Handwerk und Musik.

Wie Du siehst, kann die Rhetorik auf eine lange Geschichte zurückblicken. Im Lauf der Jahrhunderte wurde sie zwar von verschiedenen Strömungen geprägt, blieb jedoch in ihren wesentlichen Grundzügen nahezu unverändert. Werfen wir zum besseren Verständnis einen Blick auf die geschichtliche Entwicklung der Redekunst.

Geschichte der Rhetorik

Die Rhetorik in der Antike

Die Ursprünge der Rhetorik sind in der griechischen Antike zu finden. Jeder männliche Vollbürger der griechischen Stadtstaaten hatte das Recht an den politischen und rechtlichen Entscheidungen des Staates mitzuwirken. Eine gewisse Redegewandtheit war Voraussetzung, um bei Debatten und Diskussionen überhaupt gehört und beachtet zu werden. Je schlüssiger und überzeugender ein Redner seine Ideen vortragen konnte, desto mehr Menschen erreichte er mit seinen Worten. Letztendlich ging es bereits damals (genau wie heute) nur darum, seine Zuhörer mit rhetorischen Mitteln vom eigenen Standpunkt zu überzeugen.

Auch bei Gerichtsverhandlungen war es üblich, dass die einzelnen Parteien ihre Anliegen mündlich formulierten. Wer besser reden und vor allem andere Menschen überzeugen konnte, hatte bei rechtlichen Auseinandersetzungen zumeist die Nase vorn. Der bekannte Schriftsteller Mark Twain erblickte zwar erst Jahrhunderte später das Licht der Welt, doch ein Zitat aus seiner Feder hätte auch schon im antiken Griechenland den Nagel auf den Kopf getroffen. Es lautet folgendermaßen: Die größte Macht hat das richtige Wort zur richtigen Zeit.

Rhetorik in der Neuzeit

Nachdem Redner aller Länder sich jahrhundertelang aus dem Fundus der überlieferten rhetorischen Stilmittel bedient hatten, begann die klassische Rhetorik gegen Ende des 18. Jahrhunderts an Bedeutung zu verlieren. Berühmte Denker und literarische Wegbereiter vertraten damals die Auffassung, eine gute Rede solle sich nicht an Normen und Regelwerk orientieren, sondern aus der Tiefe des Herzens kommen. Goethe (der zwar selbst eine rhetorische Ausbildung genossen hatte) kam zu dem vernichtenden Urteil, dass die Rhetorik eine Schule des Verstellens sei. Auch Bismarck und Kant schlossen sich dieser Vorstellung an. In seiner Kritik der Urteilskraft bemerkte Kant, dass die Rhetorik lediglich die Schwächen des Gegners ausnutze und nicht in der Lage sei, eigenständige Argumente zu liefern.

Im 20. Jahrhundert erlebte die Rhetorik eine Renaissance und wurde von zahlreichen Theoretikern mit neuem Leben gefüllt. Allerdings konnte sich die Rhetorik als Studienfach nicht wieder etablieren. Lediglich an der Universität in Tübingen wird derzeit ein Studiengang in Rhetorik angeboten. Tatsächlich hat die Rhetorik aber nicht wirklich an Bedeutung verloren und ist fester Bestandteil von Studiengängen wie Linguistik, Literaturwissenschaft und Germanistik.

Die Kunst der Rede: Warum gute Rhetorik so wichtig ist

Ob Du als Jugendlicher versuchst, durch geschicktes Argumentieren Deine Eltern von einer Taschengelderhöhung zu überzeugen, oder als Manager Deine Mitarbeiter mit einer Ansprache zu mehr Leistung motivieren willst – in beiden Fällen macht sich eine gute Rhetorik bezahlt. Trotz aller technischen Errungenschaften der Neuzeit ist die menschliche Kommunikation nahezu unverändert geblieben. Es geht im Leben ständig darum mit Worten zu überzeugen, Türen zu öffnen, Brücken zu schlagen oder sonst etwas zu erreichen.

Leider ist das gesprochene Wort ein zweischneidiges Schwert, da Sender (der Redner) und Empfänger (der Zuhörer) nicht immer auf einer Wellenlänge sind. Dieser Umstand kann schnell zu Missverständnissen führen und die erwünschte Wirkung des Gesagten ins Gegenteil verkehren. Ein Zitat des tschechischen Pädagogen Vaclav Richter bringt es auf den Punkt: Von allen Teilen des menschlichen Körpers hat am meisten Unheil die Zunge angerichtet.

Egal in welcher Situation Du versuchst mit Worten etwas zu bewirken – je besser und überzeugender Deine Argumente sind (und vorgebracht werden), desto größer ist Deine Chance damit auch erfolgreich zu sein. Das gilt für Beruf und Privatleben gleichermaßen.

Wie funktioniert Rhetorik genau?

Stellen wir uns zwei Redner vor. Der erste hat eine Rede nach allen Regeln der Rhetorik-Kunst geschrieben, den Text auswendig gelernt und sich auf alle Eventualitäten vorbereitet. Leider ist er ein schüchterner Mensch, der sich eigentlich lieber im Hintergrund hält und nicht gerne im Rampenlicht steht. Dementsprechend zurückhaltend trägt er seine Rede vor, hält sich krampfhaft an seinen Notizen fest und wirkt alles andere als überzeugend. Seine sorgfältig gewählten rhetorischen Figuren wirken hölzern und zünden bei den Zuhörern nicht.

Der zweite Redner hat sich im Grunde überhaupt nicht vorbereitet. Im Gegensatz zu Redner Nummer eins ist er allerdings ein extrovertierter Mensch, der für seine Sache brennt. Er redet mehr oder weniger so, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, baut Beispiele aus dem eigenen Leben ein und lässt sich von den Reaktionen des Publikums mitreißen. Kurzum: Er weiß zu fesseln. Leider vergisst er in seinem Redefluss einige wesentliche Argumente und am Ende seines Vortrags bleiben viele Fragen offen.

Was schlussfolgern wir daraus? Rhetorik funktioniert nicht von alleine, sie braucht ein Sprachrohr, das den Worten Leben verleiht. Der ideale Redner ist eine Kombination aus unseren erdachten Rednern Nummer eins und zwei: Gut vorbereitet und eloquent im Vortrag. Wenn Du nach einem Beispiel für diesen idealen Rednertyp suchst, solltest Du Dir auf YouTube einmal Aufzeichnungen der Reden von Steve Jobs oder Barack Obama anschauen. Wenn schon lernen, dann nur von den Besten.

Rhetorische Mittel und Figuren

Im Folgenden findest Du eine Übersicht der wichtigsten rhetorischen Mittel und Figuren in alphabetischer Reihenfolge zusammengestellt. Sie sind sozusagen das Salz in der Suppe einer guten Rede und werden Dir helfen, Deine Redekünste auf den nächsten Level zu bringen.

Die Alliteration

Als Alliteration bezeichnet man eine Aneinanderreihung von Begriffen mit dem gleichen Anfangsbuchstaben. Dieses Stilmittel wird auch oft in der Werbung benutzt, da sich die mit der Alliteration transportierten Inhalte besonders gut im Gedächtnis einprägen. Ein bekanntes Beispiel lautet: Milch macht müde Männer munter.

Die Anapher

Die Wiederholung eines Wortes oder einer Phrase am Anfang eines Satzes wird als Anapher bezeichnet. Mit dieser einprägsamen rhetorischen Figur kann die Kernaussage einer Rede besonders betont werden. In seiner berühmtesten Rede hat Martin Luther King von diesem Stilmittel reichlich Gebrauch gemacht – gleich acht aufeinanderfolgende Redeteile beginnen mit dem Satz I have a dream.

Die Hyperbel

Hierbei handelt es sich um eine Übertreibung, die einen bestimmten Sachverhalt besonders betonen soll – wenn jemand schnell wie der Blitz ist oder ein Meer von Tränen vergießt, bewegt sich das zwar an der Grenze zur Unglaubwürdigkeit, hat aber eine eindringliche Wirkung.

Die Ironie

Eine ironische Aussage hat eine andere (manchmal auch gegenteilige) Bedeutung als das, was wörtlich gesagt wird. Wenn jemand einen Fehler gemacht hat und zu hören bekommt Das hast Du ja toll hingekriegt, dann kann er davon ausgehen: Das ist kein ernst gemeintes Lob. Du solltest Ironie immer sparsam und mit Vorsicht verwenden – nicht alle Menschen haben eine Antenne für Ironie und verstehen sie auf Anhieb.

Die Klimax

Dieses Stilmittel arbeitet mit einer Steigerung des Gesagten vom Unwichtigen zum Wichtigen oder vom Kleinen zum Großen. Durch die Verwendung dieser rhetorischen Figur kann die Wirkung einer Aussage dramatisch verstärkt werden. Beispiel: Die Stadt, das Land und die ganze Welt… Auch eine Steigerung der Handlungsintensität wird als Klimax bezeichnet. So ließen bereits die Brüder Grimm ihr Rumpelstilzchen sagen: Heute back’ ich, morgen brau’ ich, übermorgen hol’ ich der Königin ihr Kind.

Die Metapher

Bei der Metapher handelt es sich um eine sprachliche Bedeutungsübertragung mit der ein Sachverhalt veranschaulicht werden soll. Das Gesagte ist nicht wörtlich zu verstehen, sondern stellt einen bildhaften Vergleich her. Bei dem Satz Als er davon hörte, fiel er aus allen Wolken wird der Grad der Überraschung durch die Fallhöhe (Wolken = Himmel) veranschaulicht. Die Metapher gehört zu den am häufigsten verwendeten Stilmitteln überhaupt.

Die Personifikation

Mithilfe der Personifikation werden menschliche Eigenschaften und Verhaltensweisen auf Gegenstände, Tiere oder Ähnliches übertragen. Wenn Du davon sprichst, dass die Zeit rennt oder die Morgendämmerung ins Zimmer kriecht, werden beim Zuhörer starke Assoziationen und Bilder geweckt.

Die Rhetorische Frage

Eine rhetorische Frage bedarf in der Regel keiner Antwort. Wenn Du eine Rede zum Gesundheitssystem hältst und dein Publikum fragst Wollen Sie als Pflegefall enden? würde die einhellige Antwort Nein! lauten. Von den vielen Emotionen, die eine rhetorische Frage auslösen kann, besitzt vor allem die Betroffenheit eine ungemein starke Wirkung – Wollen Sie wirklich, dass ihre Kinder in 20 Jahren nur noch mit Schutzanzügen im Freien spielen können?

Der Vergleich

Bei diesem Stilmittel wird zwischen zwei Arten des Vergleichs unterschieden. In einem einfachen Vergleich werden zwei Sachverhalte oder Gegenstände, die zumindest eine Gemeinsamkeit besitzen, in Beziehung zueinander gesetzt. Wenn Du sagst Barbara ist schöner als Petra besteht die Gemeinsamkeit darin, dass es sich bei Barbara und Petra um Menschen handelt. Anders verhält es sich bei dem Satz Klaus ist stark wie ein Bär – in diesem Vergleich werden Mensch und Tier (die außer der Tatsache, dass es sich um Lebewesen handelt, nicht viele Gemeinsamkeiten haben) gleichgesetzt. Das schafft eine erhöhte Bildlichkeit des Gesagten, da die Eigenschaften des Bären auf Klaus übertragen werden.

Argumentieren: So überzeugst Du Menschen

Bereits Aristoteles bezeichnete das Argument als das wichtigste Element einer guten Rhetorik. Er unterschied dabei zwischen zwei Arten des Arguments: Das Beispiel und das Enthymem (Behauptung mit einer Begründung). Aber selbst das stärkste Argument verpufft wirkungslos, wenn es nicht in eine passende Präsentation eingebettet ist. Im Folgenden findest Du zehn kurze Punkte, die Deinen Argumenten die richtige Überzeugungskraft verleihen.

  • Die Relevanz des Themas – Bevor Du beginnst Pro- oder Contra-Argumente für ein Thema aufzuführen muss klar sein, dass dieses Thema Bedeutung für Deine Zuhörer besitzt. Du wirst niemanden davon überzeugen können sich eine neue Kaffeemaschine zu kaufen, wenn er das bereits letzte Woche getan hat.
  • Eine klare und deutliche These – Bereits zu Anfang einer Rede (oder eines Vortrags) muss glasklar sein, worum es geht. Du wirst viele gute Argumente für Hybridmotoren finden – wenn Deine Zuhörer aber nicht wissen, was ein Hybridmotor ist, werden Deine Argumente ins Leere laufen.
  • Die These mit Fakten begründen – Je mehr Fakten Du nennen kannst, die Deine Behauptung untermauern, desto eher werden Deine Zuhörer Deinen Argumenten glauben und letztendlich beipflichten. Daher ist eine gute Vorbereitung und gründliche Recherche aller themenbezogenen Daten, Fakten und Zahlen unerlässlich.
  • Eine möglichst umfassende Begründung – Versuche Deine Argumentation auf möglichst stabile Füße zu stellen. Nur zu behaupten Die Reformen werden eine Verbesserung bringen reicht nicht aus – hier fehlt eine Begründung, warum die Reformen eine Verbesserung bewirken.
  • Nur strittige Punkte begründen – Begründungen für nicht strittige Punkte bringen Deine Argumentation nicht weiter. In Punkten bei denen allgemeiner Konsens besteht (Rauchen ist schädlich) würdest Du mit einer Begründung nur offene Türen einrennen oder die berühmten Eulen nach Athen tragen.
  • Das wichtigste Argument zuerst – Die Aufmerksamkeitsspanne der meisten Menschen ist recht kurz. Daher sollte Dein Hauptargument immer am Anfang Deines Vortrags/Deiner Rede stehen.
  • Übersichtliche Struktur – Verwende lieber drei gut strukturierte Begründungspunkte (Argumente) als ein Dutzend unstrukturierter. Ohnehin werden sich die wenigsten Deiner Zuhörer an mehr als drei Punkte erinnern können.
  • Anschauliche Beispiele geben – Gut gewählte Beispiele machen Deine Rede lebendig und interessant. Ein anschauliches Beispiel bleibt wesentlich besser in Erinnerung als theoretische Argumente.
  • Einwände im Voraus entkräften – Für jedes auch noch so gute Argument Deiner Rede wird es ein Gegenargument geben. Warte nicht bis einer Deiner Zuhörer dieses (unausgesprochene) Gegenargument anführt, sondern benenne es selbst und entkräfte es so gut es geht. Damit nimmst Du Kritikern den Wind aus den Segeln.
  • Die Ausnahmen bedenken – Keine Aussage ist immer und überall gleichermaßen gültig. Selbst zu den zehn Geboten lassen sich Situationen finden, die eine Ausnahme erlauben. So bekommt beispielsweise das Gebot Du sollst nicht töten in einer Notwehrsituation (in der es um Leben und Tod geht) eine ganz andere Bedeutung.

Schlagfertigkeit kann man üben!

Die besten und schlagfertigsten Erwiderungen fallen Dir immer erst Stunden später ein? Das ist nicht toll, aber zutiefst menschlich. Schlagfertigkeit ist keine angeborene Fähigkeit, kann aber glücklicherweise trainiert werden. Meistens sind es peinliche oder unangenehme Situationen, in denen man sich wünscht schlagfertig zu sein. Es gilt, die erste lähmende Schrecksekunde nach einer Beleidigung oder einer Verbalattacke zu überwinden und direkt zu kontern. Das nimmt dem Gegenüber den Wind aus den Segeln und macht ihn im besten Fall mundtot. Diese drei kleinen Tricks helfen Dir dabei:

Der Rückfrage-Trick

Mit dieser Technik spielst Du den Ball direkt zurück ins Spielfeld des Gegners (und vielleicht ins Tor). Ein Beispiel:

Du wirst gefragt: Na, du siehst ja fertig aus – hast wohl letzte Nacht zu wild gefeiert..?

Du fragst zurück: Ja, es war toll – warum warst du eigentlich nicht da?

Der Umkehr-Trick

Hier drehst Du den Spieß einfach um, aber Vorsicht: So kannst Du Dir auch schnell Feinde machen. Ein historisches Beispiel:

Lady Astor sagte bei einer Abendgesellschaft zu Winston Churchill: Wenn ich Ihre Frau wäre, würde ich Ihnen Gift in den Kaffee mischen.

Der als schlagfertig bekannte Brite konterte: Und wenn ich Ihr Mann wäre, dann würde ich ihn trinken.

Der Kompliment-Trick

Mit dieser unerwarteten Reaktion lässt Du eine negative Bemerkung ins Leere laufen. Ein Beispiel:

Während Du bei einer Teamsitzung sprichst sagt ein Kollege: Das ist ja alles totaler Blödsinn.

Du antwortest: Das ist ja endlich mal ein geistreicher Einwurf – Moment, das muss ich mir sofort notieren.

Rhetorik für Anfänger – So beginnst Du

Der alte Spruch Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen gilt natürlich auch im Bereich der Rhetorik. Die allerwenigsten Menschen werden als talentierte Redner geboren und es ist keine Schande ein blutiger Anfänger zu sein. Es kann sehr hilfreich sein, wenn Du Dir Aufzeichnungen guter Redner ansiehst oder anhörst. Und auch der aus der Schule bekannte Spruch Lesen bildet bekommt hier eine neue Bedeutung. Je mehr Du Dich mit der Sprache beschäftigst, desto sicherer wirst Du mit ihr umgehen können. Nutze möglichst viele Gelegenheiten frei vor Leuten zu sprechen, um die damit verbundene (natürliche) Scheu zu verlieren. Und vor allem: Lies hier weiter, denn jetzt kommen die praktischen Tipps.

Reden schreiben: Rhetorik auf dem Papier

Eine gute Rede soll das Thema erschöpfen, nicht die Zuhörer. Dieses Zitat von Winston Churchill bringt es auf den Punkt – wenn Du Deine Zuhörer mit einer Rede oder einem Vortrag erschöpfst, ist der Schlussapplaus nur ein Zeichen der Erleichterung, dass es endlich vorbei ist. Damit Dir dieses unschöne Erlebnis erspart bleibt, solltest Du beim Schreiben Deiner Rede einige Punkte beachten.

Die erste Überlegung lautet: Welchen Zweck soll meine Rede haben, was soll sie bewirken? Bereits in der antiken Rhetorik wurde zwischen drei wesentlichen Rede-Typen unterschieden:

1. Docere (Wissensvermittlung) – Dieser, auf die intellektuellen Fähigkeiten des Publikums zugeschnittene Rede-Typ ist vor allem für Lehrer, Dozenten an der Uni oder Seminarleiter von Bedeutung.

2. Delactare (Unterhaltung) – Hier geht es darum sein Publikum zu unterhalten. Das ist genau Dein Rede-Typ, falls Du eine Hochzeitsrede halten sollst oder Comedian bist.

3. Movere (Überzeugung) – Das Wort Movere stammt aus dem Lateinischen und bedeutet “bewegen”. Und genau darum geht es hier: Das Publikum soll überzeugt werden sich (geistig) zu bewegen. Vor allem Politiker, Anwälte und Führungskräfte nutzen diesen Rede-Typ.

Natürlich überlappen sich diese drei theoretischen Ansätze in der Praxis häufig. Ein Professor an der Uni kann beispielsweise eine trockene Unterrichtseinheit (Docere) durch ein paar Anekdoten auflockern (Delactare). Nachdem klar ist, welcher dieser drei Ansätze für Deine Rede der richtige ist, geht es ans Schreiben. Hier lauert die Gefahr, dass Du Dich zu sehr an der typischen “Schreib-Sprache” orientierst. Beim Vortrag klingen die tollen Formulierungen dann auf einmal akademisch, gekünstelt und wenig ausdrucksstark.

Wenn Dir das Schreiben in einer “Sprech-Sprache” (die sich dann beim Vortrag nicht gekünstelt anhört) schwerfällt, gibt es einen guten Trick: Mit einem Diktiergerät oder dem Smartphone nimmst Du frei improvisierte Sätze auf, hörst Dir das Ergebnis kritisch an und suchst die besten Formulierungen heraus. Diese schreibst Du dann genauso auf, wie Du sie gesprochen hast.

Leider gibt es kein allgemeingültiges Patentrezept für das Schreiben einer Rede, aber auch hier hilft ein Blick in die antike Rhetorik-Kiste. In der klassischen Rhetorik wird eine Rede in folgende fünf Teile gegliedert (partes orationis):

1. Einleitung – Zu Beginn muss die Aufmerksamkeit des Publikums geweckt werden.

2. Erzählung – Eine Schilderung des Sachverhalts.

3. Gliederung – Vorbereitung der anschließenden Beweisführung.

4. Beweisführung – Hier folgt der Teil der Rede, in dem Argumente für oder gegen einen Sachverhalt dargelegt werden.

5. Redeschluss – Es kann noch einmal an die Emotionen des Publikums appelliert werden oder es erfolgt eine Handlungsaufforderung.

Natürlich ist diese theoretische Unterteilung nicht für jede Art von Rede geeignet, aber als grobe Orientierung ist sie sehr hilfreich. Ebenfalls antik, aber keineswegs antiquiert, sind die fünf Arbeitsschritte, nach denen Du beim Schreiben Deiner Rede vorgehen kannst:

1. Inventio – Das Finden und Sammeln von Argumenten.

2. Dispositio – Eine erste Gliederung der Stoffsammlung.

3. Elocutio – Die richtige Wort- und Pausenwahl (Sprachgestaltung).

4. Memoria – Das Einprägen des Geschriebenen.

5. Pronuntiatio – Überlegungen zu Vortrag, Stimme undKörpersprache.

Bereits Gerald R. Ford, der 38. Präsident der Vereinigten Staaten, erkannte die Wichtigkeit eines gut vorbereiteten Vortrags, wie folgendes Zitat belegt:

Könnte ich noch einmal zur Universität gehen, würde ich mich auf zwei Ziele konzentrieren: schreiben und reden lernen, also zu lernen, vor Publikum zu sprechen. Es gibt nichts Wichtigeres im Leben als die Fähigkeit, effizient zu kommunizieren.

Wie bei fast allen Fähigkeiten gilt auch hier: Übung macht den Meister. Und genau darum geht es im nächsten Absatz…

Rhetorik verbessern: Alles eine Frage der Übung

Egal, wie gut sich Deine fertig geschriebene Rede auf dem Papier liest – für den echten Härtetest brauchst Du Publikum. Dieser Punkt ist extrem wichtig, da etwa zwei Drittel Deiner Publikumswirksamkeit durch Deine Körpersprache bestimmt werden. Obwohl dieser nonverbale Teil Deines Vortrags nur unbewusst wahrgenommen wird, ist er von entscheidender Bedeutung für den Erfolg (oder Misserfolg) Deiner Rede.

Frag Freunde, Arbeitskollegen oder Familienmitglieder, ob sie sich als Testpublikum zur Verfügung stellen und bitte um eine wirklich ehrliche Kritik. Wenn das nicht möglich ist, mach mit Deinem Smartphone ein Video Deines Vortrags und schaue es Dir kritisch an. Je öfter Du Dich in diese Ausnahmesituation begibst, desto natürlicher wirst Du Dich im Ernstfall auf der Bühne oder dem Podium verhalten können. Lampenfieber ist gut, solange es nicht lähmt – versuche die Aufregung in Energie umzuwandeln.

5 schnelle Rhetorik Übungen

Zum Schluss findest Du noch fünf leicht umzusetzende Rhetorik-Übungen.

Stegreif-Rede

Ein Freund oder Kollege gibt Dir eine Karte mit einem Thema, über das Du drei Minuten ohne Vorbereitung sprechen sollst. Ob es dabei um Hausbesetzer oder den Klimawandel geht ist nebensächlich, Hauptsache es ist spontan.

Einfach mal drauflos plappern

Diese Übung machst Du alleine: Versuche ohne Vorbereitung und ohne Themenvorgabe exakt eine Viertelstunde zu erzählen, was Dir durch den Kopf geht. Das wird sich zu Beginn komisch anfühlen, aber von Mal zu Mal sicherer werden. Wenn es Dir gelingt die 15 Minuten ohne Pausen zu reden, kannst Du die Zeitspanne verlängern.

Der Themenwechsel

Notiere Dir auf einem Zettel drei Überschriften zu Themengebieten in denen Du nicht wirklich sattelfest bist (beispielsweise Urknall, indisches Kastensystem und Tagebau in Brandenburg). Du beginnst über das erste Thema frei zu sprechen und nach exakt fünf Minuten wechselst Du nahtlos zum zweiten Thema. Darüber sprichst Du wieder genau fünf Minuten, um dann zum dritten Thema zu wechseln. Schwieriger wird es, wenn ein Freund die Themengebiete für Dich aufschreibt.

Fremd-Text lesen und danach handeln

Während Du eine vorbereitete Übungsrede hältst, steckt ein Freund Dir eine Karte mit einer Handlungsanweisung zu. Das kann alles Mögliche sein, vom Fenster öffnen bis zum Kaffee nachschenken. Deine Aufgabe besteht darin die Karte zu lesen und die Handlungsanweisung zu befolgen ohne dabei Deinen Vortrag zu unterbrechen.

Texte zusammenfassen

Lies einen längeren Zeitungsartikel und versuche danach den Inhalt in zwei bis drei Minuten wiederzugeben. Achte darauf die Zeit nicht zu überschreiten und trotzdem alle wichtigen Fakten zu nennen.

Leadership-Kommunikation

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