Spitzenpolitiker:innen und CEOs haben viele Ähnlichkeiten: Sie haben größte Verantwortung, stehen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit und müssen unterschiedlichsten Anforderungen gerecht werden. Ich habe mit unzähligen Politikern zusammengearbeitet und dabei immer wieder gemerkt: CEOs und Führungskräfte können von der Spitzenpolitik viel lernen.
10 Punkte, die CEOs von Spitzenpolitiker:innen lernen sollten
Ob sie nun ein Land oder ein Unternehmen leiten, Top-Führungskräfte teilen viele gemeinsame Herausforderungen: Sie müssen strategisch denken, visionär agieren, klare Botschaften kommunizieren und Menschen inspirieren.
Ich habe mit unzähligen Politiker:innen aller Ebenen zusammengearbeitet, vom Bürgermeister über Ministerpräsidenten bis zu Bundesministerinnen. Diese Erfahrungen gebe ich an meine Klienten in der Wirtschaft weiter. Dabei sind die folgenden 10 Punkte entstanden.
1. Als öffentliche Person leben
Die Zeiten, in denen CEOs eher diskret und außerhalb des Scheinwerferlichts arbeiten konnten, sind vorbei. Sie sind heute öffentliche Personen – ob sie wollen oder nicht. Politiker:innen kennen das gut und sind darauf trainiert, damit umzugehen.
Wie Politiker:innen stehen CEOs unter kontinuierlicher Beobachtung und repräsentieren zu jedem Zeitpunkt ihr Unternehmen. Sie müssen also lernen, öffentlich aufzutreten und professionell zu kommunizieren.
2. Sich auf alle Themen einstellen können
Politiker:innen mögen inhaltliche Schwerpunkte haben. Darauf können sie sich aber nie beschränken. Sowohl den Wählern als auch den Medien ist es völlig egal, was der eigentliche Fachbereich ist. Sie werden zu jedem denkbaren Thema befragt und müssen zu diesen in kürzester Zeit kompetent antworten können und eine Haltung formulieren.
Das ist bei CEOs ganz genauso. Sie müssen in der Lage sein, sich auf die unterschiedlichsten Themen einstellen zu können. Dies betrifft im Zweifel sogar unternehmensfremde Bereiche. CEOs sollten die Techniken von Politikern lernen, wie man damit professionell umgeht.
Ein wichtiges Werkzeug: Es braucht eine kontinuierlich gepflegte Übersicht über die wichtigsten Fakten und Themen, die im Unternehmen und in der Gesellschaft gerade relevant sind.
3. Eine eigene Personen-Marke schaffen
Für alle Politiker:innen ist glasklar: Sie stehen als Person im Mittelpunkt. In der Politik lernt man von Anfang an, wie wichtig es ist, eine eigene Personen-Marke zu etablieren – denn Menschen wählen Menschen und keine Parteien oder Ämter.
Dies wird auch für CEOs immer wichtiger. Mit einem starken Personal Branding können sie nicht nur sich selbst, sondern auch ihr Unternehmen massiv stärken.
Für viele Führungskräfte bedeutet dies eine massive Umstellung. Anders als in der Politik war für sie Personal Branding nicht von Anfang an ein selbstverständlicher Bestandteil der Arbeit.
4. Menschen mitnehmen statt Basta-Entscheidungen
Politiker:innen werden oft als mächtig dargestellt. Macht und Politik scheinen zusammen zugehören.
Das große Missverständnis ist aber: Macht in der (demokratischen) Politik meint nicht, dass einzelne Menschen einfach beliebig Entscheidungen treffen und durchsetzen können. Nicht einmal der Bundeskanzler hat diese Möglichkeit. Es braucht immer Mehrheiten.
Politiker:innen lernen daher schon früh, Menschen einzubinden und mitzunehmen.
Davon können sich CEOs viel abschauen. Denn auch wenn sie formal die Möglichkeit haben, in ihrem Unternehmen Basta-Entscheidungen zu treffen, ist dies wenig nachhaltig.
Besser ist es, die Mitarbeitenden frühzeitig einzubinden, zu überzeugen und einen Konsens zu schaffen.
5. Ein belastbares Netzwerk schaffen
In der Politik gibt es nahezu keine erfolgreichen Quereinsteiger. Warum ist das so? Weil diesen ein Netzwerk fehlt – und ohne Netzwerk gibt es in der Politik keine Macht.
Die sogenannte Ochsentour in der Politik bedeutet nichts anderes, als sich jahrelang ein verlässliches Netzwerk aufzubauen. Je größer das Netzwerk, desto mehr Einfluss.
Das gilt auch für CEOs. Ihr Erfolg hängt wesentlich von der Stärke ihres Netzwerks ab. CEOs sollten sich also ganz genau ansehen, wie Politiker:innen netzwerken. Eine gute Gelegenheit, mit einigen direkt in Kontakt zu treten!
6. Starke Koalitionen bilden
Ein Netzwerk aufzubauen ist eine Sache, daraus starke Koalitionen zu formen eine andere.
Erfolgreiche Politiker:innen sind Meister darin, Allianzen zu formen und Koalitionen zu bilden. Dazu gehört auch die Zusammenarbeit mit Konkurrenten und Mitbewerbern. Es geht darum, eine gemeinsame Basis zu finden, in bestimmten Bereichen zusammenzuarbeiten.
Davon können CEOs und Unternehmen viel lernen. Wenn es CEOs gelingt, schlagkräftige Allianzen zu bilden – sei es mit anderen Führungskräften oder sogar mit anderen Unternehmen und Organisationen -, werden sie noch erfolgreicher sein.
7. Eine Bewegung anführen
Politiker:innen sind in der Regel nur dann so richtig erfolgreich, wenn sie es schaffen, eine richtige Bewegung auszulösen und dieser voranzugehen.
Was aber hat dies mit der Arbeit eines CEOs zu tun? Auch im Wirtschaftsleben hat es immer wieder Beispiele gegeben, in denen es Unternehmer:innen und CEOs geschafft haben, eine solche Bewegung auszulösen. Steve Jobs beispielsweise.
Aber auch im kleineren Maßstab hat das immer wieder funktioniert – ich denke gerade an Philip Hitschler-Becker, der für sein Süßwaren-Familienunternehmen Hitschler bei Tiktok und Instagram eine echte Community von Friends aufgebaut hat, die ihm folgen. Philip hat damit etwas geschafft, was sonst meist nur Stars und Politiker:innen gelingt – und so für das Unternehmen einen unglaublichen Wert geschaffen.
8. Die Kraft von Visionen nutzen
Politischer Erfolg beruht nicht zuletzt auf inspirierenden Visionen. Sie sind oft die Grundlage für die im vorigen Punkt genannten Bewegungen. In der Politik ist es selbstverständlich, solche visionären Ideen in den Mittelpunkt zu stellen.
In der Wirtschaft ist das heute leider noch nicht immer so. Zahlen und Fakten sind wichtig, keine Frage. Aber sie sind zu nüchtern, um Menschen zu begeistern. CEOs, denen es gelingt, eine echte Zukunftsvision zu formulieren, können Menschen bewegen.
Diese Vision muss aber immer weit über das eigene Unternehmen hinausgehen und aufzeigen, warum die Arbeit im Unternehmen für die Zukunft insgesamt wichtig ist.
9. Krisen als Chance sehen
Langfristiges, zielorientiertes Arbeiten ist nicht die größte Stärke der deutschen Politik. Aber sie kann gut auf Krisen reagieren.
Politiker:innen sind darauf trainiert, Krisen als Chance für echte Veränderungen zu begreifen. Sie nutzen sie regelrecht, um Dinge umzusetzen, die sonst undenkbar gewesen wären.
CEOs hingegen wollen am liebsten völlig krisenfrei arbeiten – was ich gut verstehen kann. Aber Krisen lassen sich nicht immer vermeiden. Wenn sie dann da sind, können auch CEOs sie als Chance nutzen.
10. Die Reputation verteidigen
Für Politiker:innen ist ihre Reputation von entscheidender Bedeutung. Den eigenen Ruf zu verteidigen ist jedoch mehr als nur ein gutes Personal Branding oder das Leben als öffentliche Person zu meistern.
Politiker:innen haben ein sehr feines Gespür dafür entwickelt, wie sie mit Dingen umgehen, die ihren Ruf schädigen können. Dazu gehört, auf Angriffe zu reagieren und das eigene Image bewusst zu stärken.
CEOs sind hier oft noch zu nachlässig und sollten daher mehr für das Reputationsmanagement tun.
So werden CEOs zu echten Leadern
Echtes Leadership ist mehr, als nur gewichtige Entscheidungen zu treffen. Leadership bedeutet, Menschen mitnehmen, begeistern, überzeugen – und zu motivieren, gemeinsam in die gleiche Richtung zu gehen. All das sind auch Herausforderungen, vor denen Spitzenpolitiker:innen immer wieder stehen. CEOs können hier viel von der Politik lernen und so noch erfolgreicher werden.