Leif Neugebohrn Krisenkommunikation

Schlechte Kommunikation kostet Menschenleben

Achtung, dies wird ein emotionaler und aufgewühlter Artikel. Ich bin wütend, enttäuscht und frustriert. Die Corona-Krise geht ins dritte Jahr – und noch immer kostet die schlechte Krisenkommunikation der Politik Menschenleben. Ja, das muss man leider genau so sagen. Das muss sich endlich ändern!

Worum es mir in diesem Artikel nicht geht

Corona-Schwurbler, Querdeppen und Impfhysteriker – das ganze Thema Corona und Covid-19 ist so aufgeladen, dass ich zunächst eines sehr präzise klarstellen möchte: Um die inhaltliche Bewertung der Corona-Maßnahmen der Politik geht es mir in diesem Artikel nicht! Ja, auch hier gäbe es wohl viel zu schreiben und auch hier fehlt mir oft Konsequenz und vorausschauendes Handeln. Ich möchte mich aber auf einen Bereich konzentrieren, in dem ich mich auskenne: Die Kommunikation. Nur darum geht es mir in diesem Artikel. Deshalb: Alle Leugner und Impfskeptiker, lasst mich bitte mit Eurem Geschwurbel in Ruhe. Und um es auch gleich klarzustellen: Nein, falsche Kommunikation ist nicht der einzige Grund für die derzeitige Situation.

Krisenkommunikation hat immer Konsequenzen

Im März 2020 – die Corona-Epidemie war gerade noch in ihren Anfängen – habe ich einen Leitfaden zum Thema Krisenkommunikation für Bürgermeister und Landräte veröffentlicht. Ich hätte mir zu diesem Zeitpunkt nicht vorstellen können, wie sehr dieses Thema noch wichtig werden würde. Und welche Abgründe sich auch in den höheren politischen Ebenen auftun würden, hätte ich auch nie gedacht. Zusammengefasst: Krisenkommunikation hat, mehr als jede andere Art der Öffentlichkeitsarbeit, immer ganz direkte Konsequenzen. Sie beeinflusst maßgeblich, wie Menschen sich in einer schwierigen Situation verhalten. Die meist abgrundtief schlechte Krisenkommunikation der (nicht nur deutschen) Politik hat Menschen dabei so verunsichert, dass dadurch viele gute Maßnahmen nicht angenommen worden sind. Und das führt dazu, ja, dass noch immer jeden Tag Menschen sterben müssen, die andernfalls vielleicht erst gar nicht erkrankt wären. Ein verlorener Wahlkampf, eine schlechte PR – klar, das hat auch alles Konsequenzen. Aber diese sind nicht halb so dramatisch wie die einer falschen Krisenkommunikation.

Nichts gelernt: Kommunikation zwischen Angst und Eigeninteresse

Das schlimme ist, dass Kommunikationsexperten weltweit seit Beginn der Pandemie vor genau diesen Folgen warnen. Lies Dir dazu gerne meinen Beitrag aus dem März 2020 durch. Aber die Politik lernt nichts dazu. Sie macht die gleichen Fehler immer und immer wieder – und wundert sich danach. Und warum? Im besten Falle verleitet Angst die handelnden Personen zu ihren Fehlern – im schlechten Falle ist es pures Eigeninteresse. Beides sollte für die Politik unwürdig sein.

Ein paar Beispiele:

  • Noch immer werden in vielen Fällen medizinische Argumente mit politischen oder gar logistischen Argumenten vermischt. Sowohl von Politikern als auch von Wissenschaftlern und Ärzten. Die Ständige Impfkommission scheint beispielsweise noch die Frage, wie viel Impfstoff vorhanden ist, mit der Frage, wie stark eine Booster-Impfung wirkt und ob sie helfen kann, zu vermischen. Dadurch entsteht selbst bei aufgeklärten Bürgerinnen und Bürgern Verwirrung. Dient die sechsmonatige Frist rein der Frage, wie sehr der Booster wirkt? Oder geht es dabei auch, wie gut Impfstoff gerecht verteilt wird? Mir ist das beispielsweise noch immer nicht klar.
  • Genau dieses Problem der Vermischung hatten wir bereits ganz am Anfang der Pandemie. Damals wurde offenbar von Masken abgeraten, damit kein Run auf die vorhandenen Bestände losgeht und wichtige Personengruppen, wie z.B. das Pflegepersonal, keine Masken für ihre Arbeit mehr bekommen könnten. Dieses Abraten von Masken wurde auf eine Art und Weise gemacht, dass selbst heute noch immer manche Leute sagen “Aber die wirken doch gar nicht, da wurde doch abgeraten am Anfang”. Das Ziel, die Bestände zu schützen, war ehrenhaft. Die Angst vor einer ehrlichen Kommunikation hat hier aber unglaublich viel kaputt gemacht.
  • Wer will heute genau einschätzen, wie der weitere Verlauf der Pandemie ist? Kein einziger Wissenschaftler weltweit würde eine seriöse Prognose dazu abgeben können. Kommen etwa weitere Mutationen? Wer sich in der Politik in dieser Situation also hinstellt und ganz konkrete Versprechungen abgibt wie “Ein Lockdown wird es nicht mehr geben” handelt unfassbar verantwortungslos. Weil einfach niemand weiß, ob ein Lockdown noch einmal nötig wird. Kommt er dann doch, ist das Vertrauen wieder einmal mehr beschädigt. Genau diese Situation hatten wir nun mehrfach. Was ist die Motivation solcher Aussagen? Ist ein solch dämliches Versprechen wirklich Angst vor dem Zorn der Bürger – oder kalkuliertes Eigeninteresse, um in dem einen, kurzfristigen Moment besser dazustehen?
  • Das Ende der pandemischen Lage mag gewichtige Argumente im Bereich Rechtsstaat und Demokratie haben. Die Befürworter scheinen aber völlig zu ignorieren, dass das Signal davon unmissverständlich lautet: Es ist ab sofort nicht mehr so problematisch. Gleichzeitig schießen die Infektionen nach oben und die Intensivbetten laufen voll. Aber Hauptsache, man hat einen eher theoretischen Aspekt behandelt. Mich macht das wütend!

Es braucht Ehrlichkeit, Transparenz & Klarheit!

Krisenkommunikation braucht Ehrlichkeit, Transparenz und Klarheit. Erwischen wir einen Verantwortlichen einmal bei einer falschen Aussage, trauen wir ihm bei folgenden Aussagen nur noch halb so stark. Wird eine offensichtliche Lüge deutlich, ist das Vertrauen unwiederbringbar dahin. Die Motivation dahinter ist dabei dann aber völlig irrelevant und entschuldigt nichts. Vertrauen ist die Grundvoraussetzung, dass auch kritische und schwere Maßnahmen von den Menschen geteilt, akzeptiert und umgesetzt werden. Transparenz wiederum bedeutet, dass die Menschen nachvollziehbar die Grundlage von Entscheidungen verstehen können müssen. Und Klarheit ist nur dann vorhanden, wenn Entscheidungen und Aussagen verständlich sind. Die Vermischung völlig unterschiedlicher Grundlagen und Bereiche schadet sowohl der Transparenz als auch der Klarheit – und beschädigt letztlich auch das Vertrauen in Ehrlichkeit.

Fazit: Lernt endlich dazu!

Wir steuern auf einen Winter zu, in dem die Corona-Epidemie wieder unzählige Erkrankte und Tote fordern wird. Die Umstände der Pandemie gefährdet Existenzen, zerstört die Kindheit und Jugend Tausender und bringt Familien und Freundschaften auseinander. Würden wir mit einer besseren Krisenkommunikation nun also alle Menschen überzeugen, sich impfen zu lassen und sich vernünftig zu verhalten? Nein, sicher nicht. Aber vermutlich deutlich mehr als momentan. Viele Menschen sind einfach verunsichert und wissen nicht mehr, wem sie vertrauen und glauben können. Diese Menschen brauchen einen starken Halt. Und trotzdem scheint die Politik nicht dazuzulernen. Ich würde mir wünschen, dass sie das in allen relevanten Bereichen macht. Die schlechte Kommunikation macht mich dabei dann umso wütender und enttäuschter. Lernt also endlich dazu und werdet Eurer Verantwortung gerecht!

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