Sollten sich CEOs politisch äußern?

Immer mehr CEOs und Führungskräfte beteiligen sich an politischen Debatten. Aber ist das überhaupt ratsam? In diesem Beitrag zeige ich Chancen und Risiken der politischen Kommunikation von CEOs auf – und was sie dabei unbedingt beachten müssen.

Zwei wichtige Vorbemerkungen:

  • Mit Positionierung meine ich nicht ein Bekenntnis zu Parteien oder gar zu einzelnen Politiker:innen. Es geht mir um die Beteiligung an gesellschaftlichen Debatten und natürlich auch um die Kommentierung aktueller Gesetzesvorhaben.
  • Politische Debatten folgen eigenen Regeln. Ich berate nicht nur Führungskräfte in der Wirtschaft, sondern habe bereits unzählige Politiker:innen aller Ebenen als Klienten betreut. Aus dieser Erfahrung heraus kann ich auch CEOs in ihrer politischen Kommunikation unterstützen.

Warum Politik für CEOs relevant ist

Aber was haben CEOs nun überhaupt mit Politik zu tun? Sollten Unternehmen und ihre Führungskräfte nicht besser neutral sein?

Die Realität sieht anders aus.

Unternehmen bewegen sich nicht in einem politikfreien Raum. Sie sind nicht neutral, weil sie eigene Interessen haben. Die Wirtschaft wird ständig von politischen und gesellschaftlichen Debatten beeinflusst. Dabei geht es zum Beispiel um Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Ernährung und Gesundheit, Schutz vor Diskriminierung, Regulierungen, Vorschriften und vieles mehr. 

Manche dieser Debatten können sogar völlig unerwartet aufkommen – man denke nur an die vielen Unternehmen, die nach jahrelangem wirtschaftlichem Engagement in Russland innerhalb kürzester Zeit in den Fokus des politischen Interesses gerieten.

Der Druck, sich politisch zu positionieren, wächst

Der Druck auf Unternehmen und ihre CEOs, sich politisch zu positionieren, ist deshalb in den vergangenen Jahren gestiegen. 

Aber auch eine wachsende Zahl von Kunden, Mitarbeitenden und vielen anderen Stakeholdern erwartet heute von Unternehmen und ihren Führungskräften, dass sie zu aktuellen politischen und gesellschaftlichen Themen Stellung beziehen.

Dies gilt auch oft dann, wenn diese Themen völlig unabhängig vom Geschäftsmodell sind. Die Menschen haben ein großes Bedürfnis nach einer werteorientierten Wirtschaft.

Nichts zu sagen, sich völlig neutral zu verhalten, scheint immer weniger eine Option zu sein.

Große Risiken, große Chancen

Ob freiwillig oder durch externe Dynamiken erzwungen – die Beteiligung an politischen Debatten birgt für Führungskräfte gleichermaßen große Risiken und Chancen.

Chancen

Zu den wichtigsten Chancen gehört sicher die Möglichkeit, unternehmensrelevante Themen in der öffentlichen Diskussion mitgestalten zu können.

Aber auch die Stärkung der Reputation, die Bindung von Kunden und Mitarbeitenden sowie der Aufbau tragfähiger Beziehungen zu Politik und Verbänden sind wichtige Chancen. 

Ganz klar: Politische Kommunikation ist für Unternehmen heute immer auch ein mächtiges Werkzeug des Employer Brandings.

Risiken

Gleichzeitig besteht immer die Gefahr, mit einer als unpassend empfundenen politischen Positionierung Kunden und Stakeholder vor den Kopf zu stoßen und der Reputation zu schaden.   

Die große Polarisierung politischer Debatten ist für Unternehmen immer ein großes Risiko.

Für Führungskräfte aus der Wirtschaft ist die Politik außerdem oft ein eher unbekanntes Pflaster. Es braucht große politische Erfahrung, hier in keine unsichtbaren Fallen zu tappen.

In jedem Fall eignet sich Politik, um Aufmerksamkeit und Reichweite zu generieren. Dies ist Chance und Risiko zugleich.

Politik ist Chefsache

Eines ist klar: Wenn sich Unternehmen politisch positionieren, muss das immer Chefsache sein.

Zu nachhaltig und weitreichend sind die möglichen Konsequenzen. Damit rückt das Thema Politik auch in den Fokus der Leadership-Kommunikation. Die einfache Regel “CEOs sind die wichtigsten Botschafter ihres Unternehmens” gilt in der politischen Kommunikation mehr als überall sonst. Politik bedeutet, Haltung zu zeigen und Werte authentisch zu kommunizieren. Das geht nur über Menschen. 

Deshalb: Ja, CEOs können und sollen sich auch politisch äußern. Das gehört grundsätzlich zu ihrer Funktion. Aber es muss strategisch durchdacht sein.

Was vorher geklärt sein muss

Was nie passieren darf, ist eine spontane politische Positionierung. Sie muss wohlüberlegt, strategisch fundiert und perfekt vorbereitet sein. Nur mit Substanz können positive Effekte erzielt und mögliche Risiken minimiert werden.

1. Ziel und Botschaft

Am wichtigsten ist es, zunächst die Zielsetzung zu klären: Was genau soll mit einer politischen Positionierung erreicht werden? Danach muss eine glasklare Botschaft entwickelt werden. Denn Missverständnisse sind in diesem Bereich unglaublich gefährlich.

2. Konsistenz mit Unternehmenswerten

Anschließend müssen die Botschaften sowohl mit den Unternehmenswerten bzw. der Markenpolitik des Unternehmens als auch mit der persönlichen Positionierung des CEO in Einklang gebracht werden. Gibt es hier Widersprüche, kann dies zu einem großen Problem werden.

3. Mit Realität im Unternehmen abgleichen

Achtung: Dieser Schritt darf nie übersprungen werden. Bevor sich ein CEO oder ein Unternehmen politisch äußert, ist ein knallharter Realitäts-Check notwendig. Stimmen die Botschaften mit der Realität im Unternehmen überein? Gibt es Widersprüche?

Ein Beispiel: Wer sich zum Klimaschutz bekennt, aber keine ernsthaften Klimaschutzmaßnahmen umsetzt, gerät in schwieriges Fahrwasser. Es braucht also ein Audit: Können wir diese politischen Aussagen überhaupt glaubwürdig vertreten?

Professionelle Umsetzung

Sind die strategischen Grundlagen gelegt, bedarf es einer professionellen Umsetzung. In der politischen Kommunikation ist es wichtig zu beachten, dass Worte und Bilder oft schon unglaublich politisch aufgeladen sind und eine Vorgeschichte mitbringen. Hier ist viel politische Erfahrung gefragt, um Fettnäpfchen und ungewollte Probleme zu vermeiden.

Später muss ein konsequentes Community-Management folgen. Denn eines ist klar: Wer sich politisch positioniert, muss mit Reaktionen rechnen. Diese dürfen nicht ignoriert werden. Es gilt also, mögliche Reaktionen der Öffentlichkeit zu antizipieren und bereits im Vorfeld entsprechende Antworten vorzubereiten.

Politik darf nie im Vordergrund stehen!

Zum Schluss möchte ich noch auf einen wichtigen Punkt hinweisen. Manchmal erlebe ich, dass Unternehmer:innen oder CEOs nicht das richtige Maß finden und zu politisch werden. Politische Kommunikation hat zweifellos eine wichtige Rolle – aber sie darf auf keinen Fall die primären Unternehmensbotschaften verdrängen.  Und die sollten sich um das eigentliche Angebot und die Dienstleistungen drehen. CEOs brauchen also eine gute Balance in ihrer Kommunikation und sollten Unternehmensangelegenheiten, persönliche Aspekte und politische Themen immer sorgfältig aufeinander abstimmen.

Fazit: CEOs sind immer politisch

CEOs sind qua Amt die politischen Repräsentanten ihres Unternehmens. Dieser Rolle müssen sie gerecht werden. Politische Kommunikation ist daher mehr als legitim und in vielen Fällen dringend notwendig. Ob sich ein CEO dabei proaktiv politisch einbringt, hängt immer auch von der Situation des Unternehmens ab und davon, ob politische Ansprüche an das Unternehmen gestellt werden. Auch wenn ein CEO nicht von sich aus politisch kommunizieren möchte, gilt: Er oder sie sollte immer vorbereitet sein und im Fall der Fälle nie den Kopf in den Sand stecken.

Leadership-Kommunikation

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